Glossar der Übersetzungsfehler

  • Disability Mainstreaming: Gerade in der Schweiz wird die Behinderungs-Thematik gerne auf die Invalidenversicherung reduziert. Das erkennt man unter anderem auch daran, dass der Behindertensport über das Bundesamt für Sozialversicherungen BSV subventioniert wird. Mainstreaming würde in diesem Beispiel bedeuten, dass die Subventionen über das Bundesamt für Sport BASPO abgewickelt werden würden, wie bei jedem anderen Sport. Geht man also nach der ungenauen Schweizer Übersetzung, läuft heute bereits alles richtig. Wendet man den korrekten Wortlaut der Konvention an, gibt es Handlungsbedarf.
  • Rasse / ethnische Herkunft: Das amerikanische „Race“ hat eine breitere Bedeutung als das deutsche „Rasse“. Für US-Amerikaner ist es z.B. vollkommen normal, ihre „Race“ bei Volkszählungen, Umfragen etc. anzugeben. Der deutsche Begriff „Rasse“ ist dagegen klar negativ behaftet, hat einen eugenischen Hintergrund und wird bei uns eigentlich nur noch im Kontext von Rassismus verwendet.
  • Seelische, geistige Beeinträchtigung / psychische, intellektuelle Beeinträchtigung: Jemandem mit einer psychischen Erkrankung oder verringertem IQ eine „defekte Seele/Geist“ zu attestieren, ist sehr wertend, sachlich falsch und zudem religiös konnotiert. Die „Seele“ gibt es in der Medizin als Begriff nicht.
  • Zugänglichkeit / Barrierefreiheit: Es gibt für diverse Bereiche wie Webentwicklung, Architektur oder Inneneinrichtung Normen für Barrierefreiheit. Zugänglichkeit ist reine Umgangssprache und hat keine klare Definition.
  • Unabhängigkeit / Selbstbestimmung: Das englische „Independence“ bezieht sich auf die US-amerikanische Independent Living Bewegung und ist eng an die Geschichte dieser Bewegung gekoppelt. Ihren Gründer*innen ging es zunächst in erster Linie darum, „unabhängig“ von Heimen leben und dadurch zum Beispiel studieren zu können. Menschen mit Behinderung sind zwnagsläufig abhängiger von der Hilfe anderer oder auch von Hilfsmitteln. Die Fremdbestimmung kann dagegen überwunden werden.
  • Einbeziehung / Inklusion: Soziale Inklusion ist eine politische Forderung und soziologisches Konzept und mehr als blosse Einbeziehung. Ein Unternehmen, welches Arbeitstrainings für IV-Rentner durchführt, bezieht die Betroffenen zwar in den Arbeitsmarkt ein. Von einer Inklusion könnte man aber erst sprechen, wenn das Unternehmen so jemanden dann auch einstellt – zu den gleichen arbeitsrechtlichen Bedingungen wie die übrige Belegschaft.
  • Hilfe / Assistenz: Assistenz ist am Subjekt ausgerichtet: Die Betroffenen erhalten Geld, mit dem sie sich ihre Unterstützung selbstbestimmt beschaffen können. Sie fungieren als Auftrag- oder Arbeitgeber und sind entsprechend weisungsbefugt. „Hilfe“ kann dagegen auch fremdbestimmt sein.
  • Autonomie / Empowerment: Empowerment zielt unter anderem auf die Erlangung von mehr Autonomie ab. Allerdings beinhaltet Empowerment konkrete Strategien zur Verwirklichung dieser Autonomie. Der Begriff kann je nach Kontext unterschiedliche Methoden umfassen.
  • missbräuchliche Einflussnahme / Unangemessene Einflussnahme: Taucht in Aritkel 12 „Gleiche Anerkennung vor dme Recht“ auf. Der Schweizer Text hängt die Messlatte für den Rechtsschutz der Betroffenen viel tiefer, als das verbindliche Original. Viele Dinge, die unangemessen erscheinen, gelten nicht als missbräuchlich.
  • Zugang zur Justiz / Zugang zum Recht: Die Justiz bezeichnet die mit der Rechtspflege betrauten Behörden, wie beispielsweise Gerichte. Der Zugang zum Recht ist viel weiter gefasst und beinhaltet auch die Möglichkeit, sich über den Inhalt von Gesetzen zu informieren.
  • Aussonderung / Segregation: Analoges Problem zum Übersetzungsfehler „Einbeziehung / Inklusion“.
  • Integration / Inklusion: Analoges Problem zum Übersetzungsfehler „Einbeziehung / Inklusion“. Zudem zeigt sich hier, dass die Übersetzungsfehler nicht einmal konsequent angewendet werden.
  • Identität der Gehörlosen / Identität der Gehrlosengemeinschaft: Die Identität eines einzelnen Gehörlosen ist nicht das Selbe, wie das kulturelle Selbstverständnis der Gehörlosengemeinschaft als sprachliche Minderheit.
  • Schwerhörige & Sehbehinderte: Diese Aufzählung fehlt sowohl in der Schweizer Version, als auch im Original. Nur die Österreichische Übersetzung nennt sie explizit.
  • Habilitation / Vermittlung von Fähigkeiten: Im deutschen Sprachgebrauch bezeichnet eine Habilitation eine Hochschulprüfung. Da Rehabilitation die Wiedererlangung von Fähigkeiten bezeichnet und im selben Satz genannt wird, ist offensichtlich die österreichische Version korrekt.
  • Teilnahme / Teilhabe: Auch bei der Teilhabe handelt es sich um einen Fachausdruck mit konkreter Bedeutung.